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WCIT und die Internetregulierung – Die Akteure – Teil 2

Keine Sache, die an die grosse Glocke gehängt wird, kommt ohne entsprechende Akteure aus. Beim Thema um die ITU und dem WCIT 2012 sind die Positionen der Akteure nahezu undurchschaubar.

Doch die Internetgemeinde schläft nicht und so formte sich zum WCIT2012 die Site wcitleaks.org, welche sich zum Ziel machte, die Texte und Vorschläge der Staaten zu veröffentlichen. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass einige Staaten davon gar nicht begeistert sind. Vor drei Tagen, am 22. November, hatte auch die Site dot-nxt.com alle WCIT Dokumente veröffentlicht. Die dot-nxt Site konzentrierte sich bisher auf das aktuell laufende gTLD Programm der ICANN, in dessen Rahmen ab 2013 neue Domaineindungen eingeführt werden. dot-nxt gibt sich gelegentlich mal gerne investigativ, informativ zwar, aber dennoch stehen Klicks und eine wachsende Userbase doch eher im Vordergrund. Von solchen Vorbehalten mal abgesehen, leisten namentlich diese beiden Sites gute Arbeit, denn wir haben eine kaum zu bewältigende Fülle an Informationen.

Das Internet ist zweifelsfrei zu etwas sehr bedeutsamen herangewachsen, für alle Bereiche des Lebens: Wirtschaft, Freizeit und Unterhaltung, Informationsverbreitung und Gewinnung – und Politik. Um so mehr verwundert es, dass der WCIT2012 in der öffentlichen Wahrnehmung so gut wie gar nicht vertreten ist. Dabei wäre es gerade für die Amis ein leichtes sich zu profilieren, denn die Amis sind für das freie Internet, während z.B. die Russen und ein paar arabische Staaten  gegen das freie Internet sind. Aufgrund der Verwurzelung des kalten Krieges im Bewusstsein der Menschen würde es sich doch fantastisch eignen, alte Denkmuster wieder ein bisschen aufzupeppen. Also warum, zum Henker, redet keine Sau davon?

Wir können uns ein paar der Akteure ansehen, die sich mehr oder weniger darum bemühen, wahrgenommen zu werden.

Europa
Fangen wir mit meinem Lieblingsübel an: Die Europäische Union. Die EU steht für ein freies Internet. Zumindest nimmt man diese Haltung in Bezug auf die ITU ein. Das könnte daran liegen, dass die EU ihr Internet lieber selbst kontrollieren will und sie realisiert hat, dass es besser ist, wenn jeder seinen „Hoheitsbereich“ selbst kontrolliert. Seit dem 20.11.2012 findet man auf einer Webseite der Europäischen Union zu dem Thema einen Gemeinsamen Entschliessungsantrag, der zumindest deutlich macht, dass die EU die Situation richtig einschätzt und eine mögliche Kontrolle der ITU über das Internet, als realistisches Szenario ansieht. In dem Entschliessungsantrag finden wir zunächst den Bezug auf die Reform der IRTs:

Entschließung des Europäischen Parlaments zur anstehenden Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation (WCIT-2012) der Internationalen Fernmeldeunion und zur möglichen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Internationalen Telekommunikationsvorschriften

Damit sind die in Teil 1 erwähnten ITRs gemeint. Genauer: Die Erweiterung der bisherigen ITRs auf das Internet. Genauer: Das Internet zur Angelegenheit der ITU zu machen.

Nach einigen Verweisen auf bisherige Entschlüsse und einer Reihe von Erwägungen, lesen wir Punkt 5, der die Sache ungewohnt deutlich auf den Punkt bringt:

5. ist der Ansicht, dass einige der Vorschläge zur Folge haben, dass die ITU selbst die Zuständigkeit für die Regulierung bestimmter Elemente des Internets erlangen könnte, wodurch die jetzige Struktur, die durch Basisbeteiligung und Mitwirkung mehrerer Interessenträger geprägt ist, hinfällig wäre; äußert sich besorgt darüber, dass die Entwicklung von Online- Diensten, der Zugang der Endbenutzer zu diesen Diensten wie auch die gesamte Digitalwirtschaft durch diese Vorschläge, wenn sie denn angenommen würden, erheblich beeinträchtigt werden könnten; ist der Ansicht, dass die Verwaltung des Internets und die diesbezüglichen Regulierungsangelegenheiten auch künftig umfassend unter Mitwirkung mehrerer Interessenträger festgelegt werden sollten;

Mit jetziger Struktur ist das in Teil 1 erwähnte Multistakeholder Modell gemeint. Punkt 6 ist ebenfalls interessant und bezieht sich im wesentlichen auf Netzneutralität:

6. erklärt sich besorgt darüber, dass in den Vorschlägen für eine Reform der ITU auch die Einführung neuartiger Profiterzielungsmechanismen enthalten ist, wodurch der offene und wettbewerbsgeprägte Charakter des Internets im Zugevon Preissteigerungen, Innovationshemmnissen und Zugangsbeschränkungen erheblich gefährdet werden könnte; bekräftigt seine Forderung, dass das Internet ein freier und offener Raum bleiben sollte;

Auch wenn ich die EU grundsätzlich für einen Schweinestall halte, so muss man dieser Arbeitsgruppe doch durchaus eine klare Sichtweise attestieren. Welche Intention dahintersteckt, sei an dieser Stelle erstmal aussen vor. Relevant ist in diesem Moment, dass wir mit der EU und den Mitgliedsstaaten eine starke Stimme auf dem WCIT haben, die sich grundsätzlich für die Erhaltung der aktuellen Strukturen einsetzt.

Im nächsten Teil schauen wir uns Russland an, welches in guter alter Tradition eher auf Kontrolle setzt.

Stay tuned!

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