Dieses Thema mag dem einen oder anderen schon lästig sein, aber diese seien gewarnt: Heute wollen wir die Angelegenheit einmal von einer anderen Seite her aufzäumen, und zwar aus der Sicht der Netzbetreiber. Diese Sicht der Dinge wird nämlich leider viel zu stiefmütterlich behandelt.
Zuvor aber noch einen kurzen Überblick über die Ausgangslage: Gemäß dem Gesetz für den Vorrang erneuerbaren Energie Gesetz (EEG) soll der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Stromversorgung bis spätestens 2030 auf 50% angehoben werden, bis 2050 sogar auf 80%. Damit werden wir in Bezug auf die Energiegewinnung (Physiker verzeihen hier bitte den falschen, aber gängigen Begriff) definitiv eine massive Umwälzung vor uns haben. Ob das jetzt sinnvoll ist oder nicht sei heute einmal egal, als Netzbetreiber interessiert uns nur was der Gesetzgeber vorgibt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Anstieg des Bedarfs in den letzten Jahren, der sich vermutlich weiter steigern wird. Man möchte fast behaupten es wäre zuerst einmal sinnvoll den Verbrauch zu senken, jedoch sieht der Gesetzgeber das wiederum nicht vor.
Gut, wir werden also vermutlich einen Anstieg des Bedarfs haben. Warum aber sollte der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen die Netzbetreiber beeinflussen? Und das ist genau der Punkt, der fast immer vergessen wird. Bei einem Energieversorgungsnetz ist sowohl die gesamte eingespeiste wie entnommene Energie bzw. Leistung wichtig, aber genauso relevant sind auch die Einspeise- und Entnahmeorte. Genau hierbei wird der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen massive Umwälzungen zur Folge haben. Zurzeit wird ein großer Teil der Grundlast, 13,5 GW, in Deutschland im Süden durch Atomkraftwerke eingespeist, insgesamt also 12,8% der Grundlastversorgung von Deutschland. Erneuerbare Energiequellen finden sich jedoch häufig eher im Norden Deutschlands, konkret sprechen wir hier von Windkraftwerken an den Küsten. Den Standort von Atomkraftwerken konnte man allerdings relativ frei wählen, im Grunde benötigt man nur eine ausreichend Wassermenge zur Kühlung. Deswegen wurden häufig aufgrund eines sehr einfachen Kriteriums der Standort ausgewählt: In der Nähe von Verbraucherzentren. Aufgrund der Verlagerung der Einspeisung wird es somit nötig sein einen großen Teil der Energie quer durch Deutschland zu transportieren. Um mit den Problemen in der Zukunft zurecht zu kommen planen die Netzbetreiber derzeit, gemeinsam mit der Bundesnetzagentur (diese scheint den Habo-Blog zu verfolgen), das Netz gezielt in diese Richtung auszubauen.Falls der geneigte Leser interessiert ist, diese neuen Nord-Süd-Verbindungen sollen hauptsächlich durch Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung realisiert werden.
Diese Verbindungen werden aber auch noch aus einem ganz anderen Grund heraus benötigt. Wichtig in der Energieversorgung ist zusätzlich zu Menge und Ort auch die Zeit, besser gesagt die Verfügbarkeit. Konventionelle Kraftwerke haben häufig den Vorteil, dass sie bei Bedarf hoch- bzw. heruntergefahren werden können. Insbesondere der Wind ist diesbezüglich allerdings sehr unzuverlässig, weswegen es parallel zur Energiewende, bzw. als Teil davon, neue Energiespeicher benötigt. Die aktuell einzig wirtschaftlich interessante Variante dafür, mit einem Wirkungsgrad pro Umwälzzyklus von bis zu 80%, sind Pumpspeicherkraftwerke. Für so einen Kraftwerkstyp ist an den deutschen Küsten allerdings üblicherweise wieder die Landschaft absolut ungeeignet. Damit könnte die Energie zum Beispiel in den Süden, in die Alpen, transportiert werden. Je nach Bedarf könnte es aber zusätzlich wieder zu einem Transport zurück kommen. Man beachte dabei: Doppelte Übertragung der Energie, denkbar ungünstig für die Netzbetreiber und aus Sicht der Effizienz.
Mit dem Bau von Pumpspeicherkraftwerken sind wir nun auch bei einem Thema angelangt, welches die selben Probleme wie der Netzausbau hat: Der Umweltschutz. Der Bau eines neuen Speichersees ist nahezu immer von großen Protesten begleitet, welche das Projekt sogar nicht selten zu Fall bringen. Das selbe erfuhren auch die Netzbetreiber bei der Veröffentlichung des Netzausbauplans, den prompt beschwerten sich die eventuellen Anrainer der neuen Stromtrassen, dass sie so etwas natürlich nicht akzeptieren werden.
So als Fazit kann man nun zusammenfassen, dass die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung eines der größten Probleme ist. Alle wollen Energie verbrauchen, und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Es ist der Großteil allerdings nicht bereit die Konsequenzen für diesen Luxus zu tragen, und zwar die dafür nötigen Kraftwerke und Stromtrassen. Schlussendlich bleiben also nur zwei Alternativen: Weniger verbrauchen oder endlich die Sichtweise eines echten Energietechnikers akzeptieren: Freileitungen sind doch schön.benediktibk
Quellenangaben und weitere Informationen können diesem Dokument entnommen werden.
Liest sich wie schlechte Energiekonzern-Propaganda. Sorry.
Jeder, der sich ein wenig mit dem Stromnetz und den Möglichkeiten desselben auseinandergesetzt hat, weiss, dass wir problemlos Energiespeicher in Norwegen nutzen könnten, wenn die Bundesregierung den Firmen, die entsprechende Leitungen legen wollen, nicht ständig Steine in den Weg legen würde und wenn die Energiekonzerne in Norwegen und Deutschland sich mal einig werden könnten. Entsprechende Pläne und Vereinbarungen mit norwegischen Stromnetz-Betreibern liegen ja bereits vor (letztere leider erst seit ein paar Tagen). Wir bräuchten also lediglich das nationale Netz mit besseren Nord-Süd-Verbindungen ausbauen.
Und auch da sollte man sich fragen was da Jahrzehnte lang subventioniert wurde, wenn nicht einmal anständige „Transit-Strecken“ für Strom innerhalb Deutschlands existieren.
Die Nicht-Akzeptanz der Bevölkerung ist das Problem? Nein, die Gier der Energiekonzerne ist das Hauptproblem, die Jahre lang um die Aufteilung von Profiten feilschen mussten, bis sie eine „Rahmenvereinbarung“ mit norwegischen Stromkonzernen schliessen konnten. Hinzu kommt eine unfähige Regierung, die es nicht auf die Reihe bekommt eine Verordnung zu erlassen, die die Anbindung eines Nordsee-Kabels an’s deutsche Stromnetz ermöglichen würde.
„eines Nordsee-Kabels“ ist wirklich nett, wenn du einen großen Teil der Grundlastversorgung von Deutschland nach Skandinavien auslagern willst. Das Thema mit den Pumpspeicherkraftwerken in skandinavischen Fjorden habe ich in dem Beitrag bewusst ausgelassen, das wäre dann etwas zu umfangreich geworden. Die Idee ist aber natürlich auch bei mir angekommen, ich darf da bitte auf das ursprüngliche Dokument am Ende verweisen. Außerdem glaube ich nicht, dass es so viel leichter ist Energiespeicher in Skandinavien zu nutzen als wie Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen zu bauen. Bei beiden findet sich sicher massiver Widerstand. Idealerweise wäre dementsprechend, auch aus Sicht der Versorgungssicherheit, eine Kombination mehrerer Varianten.
Ich stimme dir also durchaus zu, im Grunde genommen braucht es nur mehr bzw. leistungsstärkere Nord-Süd-Verbindungen.
Inwiefern deutsche Energiekonzerne Subventionen erhalten haben kann ich leider nicht beurteilen, das Thema ist auch nicht ganz das meine. Ich sehe das eher aus der Sicht des Technikers. Zudem kann ich aus Erfahrung berichten, dass im Gegenteil ein verstaatlichtes (bzw. in Hand des Landes befindliches) Energieunternehmen durchaus von Vorteil für den Staat/das Land sein kann. Als Beispiel sei da die TIWAG mit regelmäßigen Gewinnausschüttungen an das Land genannt. Letztens durfte sie sogar indirekt eine Bankenrettung finanzieren, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Dass die Gier von Unternehmen problematisch ist sehe ich durchaus ein, aber das ist ein Problem, welches nahezu jeden Bereich des heutigen Lebens betrifft. Die Probleme mit Anrainern bei dem Neu- oder Ausbau von Freileitungen bzw. Kraftwerken kommt aber in diesem Gebiet noch dazu. Es ist teilweise wirklich paranoid, wie sich da manche Menschen verhalten. Als Beispiel kenne ich zum Beispiel eine Situation, in welcher ein Grundstücksbesitzer nicht die Verlegung eines Erdkabels durch seinen Grund genehmigen wollte, natürlich gegen Vergütung des Wegerechts. An sich noch ganz normal, nur das wirklich paranoide daran war, dass er gleichzeitig das Grundstück, auf dem der zugehörige Schaltschrank stand, dem Netzbetreiber verpachtet hat. So ganz im Sinne: Den Grund für den Schaltschrank könnt ihr haben, aber Kabel dürft ihr dann keine dorthin verlegen …
Außerdem kann ich von einem Bekannten berichten, dass es inzwischen nahezu unmöglich geworden ist Freileitungen neu zu bauen. Obwohl man sie dringend benötigen würde, da Erdkabel im Allgemeinen viel schlechtere elektrische Eigenschaften haben und aufgrund ihres Blindleistungsbedarf in der Länge begrenzt sind. Und genau da legt die Bevölkerung den Netzbetreibern eben ein Ei, und das wollte ich einmal ansprechen.
Nachdem mein persönlich favorisierter Ansatz eine gezielte Senkung des Bedarfs wäre komme ich auch mit der Kritik von Energiekonzern-Propaganda nicht ganz klar. Wiederum, der Beitrag betrachtet die Situation als vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Ob diese Umstände ideal sind ist eine andere Frage. Nur als Techniker bekommt man eben Anweisungen etwas zu realisieren und kann nicht immer auf die Gründe dafür einwirken.
Gierige Unternehmen spielen sicher auch eine Rolle, aber man kann ja nicht alle Probleme an einem Tag lösen.
Ich sehe halt die technischen Schwierigkeiten nicht wirklich bzw. sehe ich sie eher als konstruiert an. Warum in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland irgendwelche Energiespeicher bauen, gegen die es Widerstand durch die Anwohner gibt, wenn in Norwegen ausreichend unbesiedelte Gebiete zur Verfügung stehen, wo die Dinger niemanden stören? Warum riesige Windparks bauen, wenn Norwegen problemlos die Grundlast von 60 Atomkraftwerken ersetzen kann?
Ok, den Widerstand gegen überirdische Hochspannungsleitungen kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich habe es als Kind geliebt beim Autofahren den vorbeisausenden Strommasten zuzuschauen. In der DDR hat allerdings auch niemand gefragt, ob evtl. dadurch das ästhetische Empfinden von irgendwem gestört wird. Die Deutschen verschandeln die Landschaft mit ihren Plattenbau-Einfamilienhäusern, die alle gleich aussehen, aber haben was gegen Strommasten. o_O
In dem Punkt gebe ich dir absolut Recht. Entweder wir wollen eine Energiewende, was dann auch einen Umbau des Stromnetzes bedingt, oder wir wollen keine Strommasten, müssen dann aber mit Atomkraft leben. Aber vor diese Wahl werden die Deutschen durch die Medien, die nunmal den grössten Einfluss auf die Meinungsbildung haben, komischerweise nie gestellt. Würde das mal so klar kommuniziert werden, wäre die Haltung gegenüber ein paar Strommasten sicherlich auch eine andere. Was wir aber ziemlich sicher nicht brauchen, sind Energiespeicher. Die können wir problemlos outsourcen. Und zum Teil können wir sogar die Energiegewinnung Ländern überlassen, die besser dazu geeignet sind (Wasserkraft aus Norwegen, Solarenergie aus der Sahara, Biomasse aus Rumänien etc.). Mit den knapp 200 Milliarden, die Energieunternehmen bisher an Förderungen in Deutschland allein für Atomstrom eingestrichen haben, sollte so etwas ja problemlos finanzierbar sein.
Zum Thema Energiespeicher würden mir noch unsere Zechen hier im Ruhrgebiet einfallen, die könnte man für sowas doch reintheoretisch auch gut benutzen.
Die Energiewende kann man den Unternehmen mit den Atomkraftwerken eigentlich ganz leicht beibringen und zwar in dem Sie mal den wirklichen Preis zahlen müssen den Sie durch die Atomkraftwerke verursachen (Entlagerung, Polizei etc.) den wenn Sie das auch direkt bezahlen müssten und das auf den Kunden umwälzen wollten ich glaube dann dürfte einiges passieren. So schrauben Sie die Preise für den Strom erstmal immer weiter in die Höhe mit dem Verweis es liegt am EEG das es teurer wird obwohl der Strom an der Energiebörse so billig wie noch nie war. Der dumme ist der normale Verbraucher den der sorgt dafür das die ganzen Energie Unternehmen nochmal ordentlich Geld scheffeln können, und damit die Energieintensiven Firmen nicht pleite gehen wird das auch noch direkt vom Bürger bezahlt.
Wie immer wird es von den Regierungen nur geplant aber nie wirklich Konsequent bearbeitet, wir machen etwas aber immer nur soviel das es uns nicht nachher evtl. Stimmen kostet und die großen Firmen bei laune sind.
Netter Artikel, Benedikt. Aber für mich als angehenden Energietechniker zu knapp gefasst 😛
Was mich interessieren würde, bit, sind Quellen für die angeblich so extrem gute Disposition Norwegens für Pumpspeicher. Pumpspeicherkraftwerke sind nämlich ein wenig Komplizierter als „Berg+Baggersee+Generator=Strom“. Ich erinnere mich sogar an einen sehr interessanten Artikel in der SdW, der sich mit dem Thema des Energiespeicherns beschäftigt und anführt, dass die Kapazitäten für Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland fast ausgeschöpft sind. Was noch gebaut werden könnte, sei bei weitem nicht signifikant gegenüber der Strommenge.
Das Hauptproblem beim Bau der Speicher in Norwegen ist sicherlich ein politisches. Wenn ich sowas im Ausland baue mache ich mich abhängig und kann keinen Einfluss darauf nehmen.
Draven: Der Strom an der Börse ist nicht so niedrig wie jemals zu vor. Es gibt lediglich Stoßzeiten, bei denen z.b. viel Wind weht. der Strom MUSS ins Netz. Und das Netz MUSS ihn aufnehmen, ganz gleich, wie überlastet es ist. Und der Strom MUSS auch aus dem Netz entnommen werden. Deshalb sinken die Preise stark, wenn viel Wind weht oder viel Sonne scheint. Wenns ganz schlecht läuft, wird der Preis sogar negativ. Davon kannst du relativ wenig profitieren, als kleiner Verbraucher. Das sind große Probleme der Netzbetreiber, die eher Kosten verursachen. Das Argument ist ein populistisches Scheinargument der Grünen.
Das EEG soll dafür sorgen, dass EE (=Erneuerbare Energien) Kapazitäten ausgebaut werden. Da sich diese aber (siehe oben) nach dem etablierten Model relativ schlecht rechnen, bezahlst du, überspitzt und polemisch gesagt, die Preisdifferenz.
Benedikt: Wie kommst du darauf, dass Erdkabel schlechtere elektische Eigenschaften haben? In der Erde kannst du Kupfer verbauen, das besser leitet. Eher sind die Kosten ein Problem (Isolierung, Buddelei).
Und das mit der Blindleistung musst du mir auch erklären. Warum hat ein Bodenkabel einen höheren Blindleistungsbedarf als eine Überlandleitung gleicher Kapazität?
@bluez: Norwegen hat schon jetzt eine erschlossene Speicherkapazität von 84 TWh. Nachzulesen auf so ziemlich allen Seiten, die sich mit Energiespeichern auseinandersetzen, wie z.B. netzausbau.de. Das sind 50% von der Gesamtspeicherkapazität Europas und Norwegen nutzt diese bei weitem nicht aus. Zusätzlich gibt es in Norwegen bereits diverse Wasserkraftwerke, die mit relativ wenig Aufwand und Kosten zu Pumpspeichern umgerüstet werden können. Und man schätzt noch eine weitere erschliessbare Kapazität, die etwa 20% des vorhandenen ausmacht.
Und mal ehrlich, ob wir von Energiekonzernen in Norwegen, in Deutschland oder in Spanien abhängig sind, spielt wohl in heutiger Zeit kaum eine Rolle. Die meisten Energiekonzerne agieren sowieso schon global und schon heutzutage wird Strom über Ländergrenzen hinaus verschoben. Frankreich war (ist?) im Winter auch von Deutschland abhängig, sonst wäre dort schon so einige Male das Netz zusammengebrochen. Strom-Im- und Export ist nichts neues mehr und wäre lediglich in einer Kriegssituation ein Problem. Die wird’s aber voraussichtlich in Europa so schnell nicht wieder geben. Pumpspeicher in Norwegen wären daher eine gute Lösung um die nächsten Jahrzehnte Zeit zu haben neue Möglichkeiten der Energiespeicherung zu entwickeln.
Frankreich ist immernoch abhängig und dort bricht in kalten Wintern schonmal die Versorgung ein.
Ich wollte auch nur nochmal ausdrücken warum sich die Politik wahrscheinlich eher ungern in eine solche Abhängigkeit begibt. Speichern von elektrischer Energie ist eminent wichtig für die Stabilität und Sicherheit eines solchen Netzes. Würde man das alles soweit ins unbeeinflussbare Ausland auslagern wäre das eine weit größere und unverantwortlichere Abhängigkeit. Ganz anders als das Abfedern von Lastspitzen oder Verkaufen von Überschuss. Leider leben wir nunmal nicht im einigen Europa sondern in einem Konglomerat zerstrittener, souveräner Staaten in einem instabilen Vertragsbund.